Freitag 19. September 2025

Theologinnen Polak und Eder-Cakl interpretieren Kirchenstatistik vorsichtig optimistisch

Wie interpretieren Expertinnen die aktuelle Kirchenstatistik 2024? Vorsichtig optimistisch sind die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak und die Direktorin des Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI) Gabriele Eder-Cakl. Gleichzeitig nehmen sie eine differenzierte Einordnung vor.

Vorsichtig optimistisch hat sich die Pastoraltheologin und Religionssoziologin Prof.in Regina Polak geäußert. "Auch wenn der Anteil der Katholikinnen und Katholiken knapp unter die 50 Prozent gefallen ist, sind die Stabilität und insbesondere die gestiegenen Zahlen im Bereich des Gottesdienstbesuches ein Zeichen, dass sich gesellschaftlich möglicherweise Änderungen abzeichnen", so Polak in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress. Die Direktorin des Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI), Gabriele Eder-Cakl, plädiert in einem Beitrag auf katholisch.at, sich mutig und selbstbewusst der neuen Realität zu stellen und auch kirchliche Aufbrüche zu sehen. Die Kirche stehe in einem gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess.

 

Die Katholikenzahl in Österreich ist im letzten Jahr leicht zurückgegangen, insgesamt aber mit 4,56 Mio. weitgehend stabil. Die Zahl der Kirchenaustritte ist gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen, die Statistik weist zugleich eine Zunahme bei den Gottesdienstbesuchern aus. Die Zahl der Erwachsenentaufen ist gegenüber dem Jahr 2023 ebenfalls gestiegen.

 

Prof.in Polak verweist in ihrer Stellungnahme auf die Studie "Was glaubt Österreich?" (2024). Demnach gehören religiöse Gemeinschaften in Österreich nach Sport- und Freizeitvereinen nach wie vor zu jenen Organisationen mit vergleichsweise hoher Zustimmung zu gefühlter Zugehörigkeit und aktivem Engagement. Veränderungen habe man auch in der Gruppe der 14- bis 25-Jährigen beobachten können, die sich als Gruppe mit den höchsten Zustimmungen zu religiöser Praxis und zum Glauben an Gott zeigte.

 

Die Zahl der gestiegenen Taufen bei (jungen) Erwachsenen scheine (nicht nur in Österreich) "einen Trend zu beschreiben, den wir weiterhin genau beobachten sollten", so Polak. In einer hochgradig individualisierten Gesellschaft und im Kontext globaler Krisen suchten Menschen nach Halt, Orientierung, Zugehörigkeit und Sinn.

 

Überdies hätten ihrer Wahrnehmung nach viele pastorale Verantwortungsträger begonnen, sich aktiv auf die veränderte sozioreligiöse Situation einzustellen und neue Projekte und Zugänge zu entwickeln. Und schließlich hätten die kirchlichen Sozial-, Pflege- und Bildungseinrichtungen bei vielen Menschen einen sehr guten Ruf.

 

 

"Euphorie ist nicht angesagt"

 

Fazit der Pastoraltheologin: "Es ist also Zeit, ein wenig aufzuatmen - aber keine Zeit zum Ausruhen. Euphorie ist nicht angesagt, denn die klassischen christlichen Praxisformen sind nach wie vor im Sinken, und die religiöse Pluralisierung sowie der säkulare Kontext werden die Kirche weiterhin fordern."

 

Vorsicht sei auch dort geboten, so Polak, wo die (verstärkte) Zustimmung zu einer katholischen Identität weniger dem Glauben, sondern einer politischen Identitätspolitik geschuldet sei, "die den Katholizismus wiederentdeckt, um sich gegen religiös und kulturell Andere abzugrenzen und die eigene Hegemonie abzusichern". Die Veränderungen - insbesondere im Bereich von Erwachsenentaufen und Gottesdienstbesuchen - "sollten also pastoral sensibel und theologisch verantwortet begleitet werden", betont Polak.

 

Pastoraltheologin Regina Polak

Pastoraltheologin Regina Polak: Vorsichtiger Optimismus, aber kein Grund für Euphorie. 
© Kathpress / Henning Klingen

 

 

Hohe Bedeutung von Glaube und Kirche

 

Die Direktorin des Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI) Gabriele Eder-Cakl räumt in ihrem Beitrag ein, dass in Österreich rund einem Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner Gott, Glaube und Kirche im eigenen Leben nicht fehlen würden. Die soziologischen Forschungen zeigten in den letzten zehn Jahren, dass die Bindungen zu einer Organisation wie der Katholischen Kirche stark abnehmen. Dies sei anzuerkennen und einer der Hauptgründe der sinkenden Mitgliederzahl, so Eder-Cakl.

 

Zugleich gelte, dass Glaube und Kirche für viele Menschen immer noch von hoher Bedeutung seien: "Der soziale Zusammenhalt wird wesentlich von den Religionsgemeinschaften und der Katholischen Kirche in Österreich getragen. Durch die vielen engagierten Personen und Einrichtungen der Katholischen Kirche würden Gemeinschaft, Ortskultur, Gesundheitsvorsorge, Bildung und Pflege in Österreich aufrechterhalten." Es gebe viele Menschen in Österreich, die Seelsorge, Kirchenräume, Gebet und christliche Gemeinschaft sehr schätzen.

 

Eder-Cakl verweist in diesem Zusammenhang etwa auch auf die Gedenkgottesdienste nach dem Attentat in Villach oder dem Amoklauf in Graz. Die Kirche sei als hilfreicher und wichtiger Trauerort und Ankerplatz von den Menschen in Österreich wahrgenommen worden. "Die Möglichkeit, eine Kerze in einer Kirche oder auch im Internet als Zeichen eines Schreis oder Gebetes, Dankes Richtung Himmel, wurde und wird von sehr vielen Menschen genützt".

 

Die ÖPI-Direktorin thematisiert auch die Tatsache, dass sich in den letzten zwei Jahren mehr junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren taufen lassen. Diese jungen Menschen hätten meist keinen christlichen Hintergrund oder Sozialisation. Sie drückten ihre Beweggründe so aus: Suche nach einem erfüllten Leben, nach der echten Liebe, nach einem Sinn im Leben, nach Menschenwürde, Schutz der Erde und Orientierung im Leben. Die Vorbereitung auf die Taufe sei überall gleich, es ist ein einjähriger begleiteter Prozess mit einer Einführung in den christlichen Glauben und Religion.

 

 

Diözesen um Qualität bemüht

 

Die Diözesen setzten auch konkrete Qualitätsschritte in der Personalentwicklung zur Verbesserung der seelsorglichen Gespräche, der Hochzeitsbegleitung, Segensfeiern oder der Trauerbegleitung und Begräbnisse. Wesentlich dabei sei, "sich auf die aktuelle Gesellschaft als Seelsorgerin oder Seelsorger einzulassen, die digitale Welt als Lebenswelt ernst zu nehmen, Gast zu sein bei den Menschen heute und sich dadurch auch verändern zu lassen". Die Kirche investiere auch sehr viel in Qualitätssicherung und Gewaltprävention. So würden zum Beispiel alle kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Thema Gewaltprävention geschult.

 

Fazit der ÖPI-Direktorin: "Als Katholische Kirche in Österreich stehen wir mehr als vor zehn Jahren in der Spannung der gesellschaftlichen Gegebenheiten in Europa und unserem 2000 Jahre alten Auftrag, heilend und Frieden stiftend in dieser Welt zu wirken. Dazu haben wir uns in einen großen weltweiten synodalen Prozess in der Katholischen Kirche eingelassen. Immer geht es als Kirche darum, die vielfältigen Formen eines authentischen Christseins, also die Christinnen und Christen heute zu unterstützen."

 

Gabriele Eder-Cakl, Direktorin des ÖPI

Gabriele Eder-Cakl: Wichtig ist, sich auf die aktuelle Gesellschaft  einzulassen, die digitale Welt als Lebenswelt ernst zu nehmen und sich dadurch auch verändern zu lassen. © Violetta Wakolbinger

 

Kathpress

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